Vor zwanzig Jahren erfüllte sich Norbert Kirchmann einen Traum: Er
wollte vergessene Schätze der Musikgeschichte wieder ausgraben und zur
Aufführung bringen. Also gründete er das Tübinger Ärzteorchester. »Mein
Ziel war es aber auch, Professoren, Studierenden, Assistenten,
niedergelassenen Ärzten, medizinischem Personal und deren Angehörigen
ein Forum zu geben, um zu musizieren«, sagt Kirchmann. Und er wollte
gleichzeitig eine gewisse Repräsentation seiner Berufsgruppe nach außen
schaffen. Tatsächlich wird das Tübinger Ärzteorchester seit seiner Gründung
von der Ärztekammer Baden-Württemberg finanziell unterstützt.
Heute hat das Orchester etwa 60 Mitglieder, für Konzerte werden auch
mal Profis ›eingekauft‹. Viele Mitglieder sind von Beginn an oder
zumindest seit mehreren Jahren dabei. Für ein Laienorchester im
universitären Umfeld eine bemerkenswerte Kontinuität, die sich in der
Qualität der Konzertauftritte niederschlägt. »Wir würden uns jedoch
sehr freuen, wenn wieder mehr Studierende zum Orchester dazu stoßen würden«,
betont Kirchmann.
Norbert Kirchmann studierte zunächst Philosophie, Deutsche Literatur
und Musikwissenschaft, bevor er beruflich auf Medizin umsattelte. Am Tübinger
Universitätsklinikum machte er seinen Facharzt, 1978 ließ er sich in
Hechingen als Nervenarzt und Psychotherapeut nieder. Schon während des
Studiums machte er viel Kammermusik und nahm unter anderem
Dirigierunterricht bei Alexander Sumski, dem langjährigen Leiter des
Collegium Musicum. Aus dem ›Bläserquintett Tübinger Studenten‹
heraus gründete der Mediziner dann im Herbst 1984 das Tübinger Ärzteorchester.
Auf zwei bis drei Programme mit mehreren Auftritten kommt das Orchester
pro Jahr. Konzertreisen führten die Musiker in den letzten Jahren nach
Ungarn, Italien und Rumänien. »Ein Höhepunkt war fraglos unser
Auftritt in der Frarikirche in Venedig im Juni 2001, wo wir Schuberts
›Unvollendete‹ aufgeführt haben«, erzählt Kirchmann begeistert.
Und er überträgt seine Begeisterung für Musik und für außergewöhnliche
Konzertsäle – darunter viele Kirchen – auf seine Musiker. Das spürt
man bereits bei den Proben.
Der Programmschwerpunkt des Orchesters liegt bei Werken der Spätromantik
und Oratorien des 19. Jahrhunderts, darunter viele Erstaufführungen. Häufig
arbeitet Kirchmann dabei mit der renommierten Christophorus-Kantorei aus
Altensteig zusammen. Komponisten wie Charles Gounod, Max Bruch oder César
Franck, aber auch weniger bekannte wie Carl Reineke, Joachim Raff oder
Niels Gade liegen ihm besonders am Herzen. »Das ausgefallene Repertoire
und die familiäre Atmosphäre – das macht für mich den Reiz des
Orchesters aus«, bestätigt Ines Schäfer. Die Violonistin hat gerade
ihr medizinisches Staatsexamen abgelegt und ist seit drei Jahren dabei.
Gounod und Beethoven
Im Jubiläumsjahr 2004 steht zu-nächst Charles Gounods Oratorium
›Tod und Leben (Mors et vita) – Geistliche Trilogie: Requiem, Jüngstes
Gericht, Neue Welt‹ auf dem Programm. Im Herbst folgen als weitere Höhepunkte
zwei Werke von Beethoven: das 4. Klavierkonzert mit dem Tübinger
Pianisten Robert-Alexander Bohnke als Solisten sowie die Symphonie Nr. 3
›Eroica‹.
Norbert Kirchmann ist mittlerweile 60 Jahre alt, hat aber noch viele Pläne
mit ›seinem‹ Orchester. Mittelfristig sucht Norbert Kirchmann jedoch
nach einem Nachfolger. Bislang macht das Multitalent Kirchmann noch fast
alles in Eigenregie: Von der Jahresplanung, der Stückauswahl, dem
Organisieren von Noten, Probenräumen und Konzertreisen bis hin zum
Auftreiben von Finanzmitteln – und nicht zu vergessen natürlich: das
Dirigieren.
Konzerttermine 2004
Charles Gounod: Oratorium ›Tod und Leben (Mors et vita)
Geistliche Trilogie: Requiem, Jüngstes Gericht, Neue Welt‹
10.6.2004: Stiftskirche Tübingen
20.6.2004: Klosterkirche Zwiefalten
Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 4 und Symphonie Nr. 3
›Eroica‹ 19.11.2004: Festsaal Universität Tübingen, Neue
Aula
Kontakt:
Dr. Norbert Kirchmann, T. 07471/15509.
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